Hamburger Luft – wie gut ist die Luft in der Hansestadt?

Luft ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen. Fehlt die Luft, wird das erst bewusst. Denn überleben kann der Mensch etwa drei Wochen ohne Nahrung, drei Tage ohne Wasser aber nur drei Minuten ohne Luft. Wie sauber die Luft ist, hat großen Einfluss auf die Lebensqualität. Generell ist die Luft in Ballungsgebieten schlechter als auf dem Land, gleichzeitig lebt und atmet dort der Großteil der Menschen in Deutschland. Auch in Hamburg belastet die urbane Infrastruktur mitsamt Hafen und Verkehr die Luft. Deshalb ist es dringend nötig, die Luftqualität in der Hansestadt zu messen und zu verbessern.

Luftqualität: Wie wird sie beeinflusst und von wem?

Luft gehört niemandem, wird aber von allen 1,84 Millionen Hamburgerinnen und Hamburgern genutzt – und von etlichen verschmutzt. Denn Verkehr, Industrie, Hafen und private Haushalte verursachen Verunreinigungen der Luft. Oberhalb bestimmter Konzentrationen sind viele Stoffe, die durch menschliches Handeln in die Luft gelangen, schädlich für Menschen, Tiere, Pflanzen, Böden, Gewässer und Klima. Auch Gebäude sowie Kultur- und Sachgüter können durch verschmutzte Luft Schaden nehmen. Damit hat die Luftqualität eine gesundheitliche, eine ökologische und eine wirtschaftliche Dimension.

Vor allem fünf Stoffe gelten für Mensch und Umwelt als besonders gefährlich. Dazu gehören Feinstaub (PM2,5 und PM10), bodennahes Ozon (O3), Stickstoffdioxid (NO2) und Schwefeldioxid (SO2). Auch weitere Stoffe (beispielsweise Kohlenmonoxid (CO) oder Stickoxid (NO)) können in Ballungsgebieten schädlich hohe Konzentrationen annehmen.

Wo die Quelle der Schadstoffe ist, ist unterschiedlich:

Feinstaub (PM2,5 und PM10) entsteht im Straßenverkehr durch den Bremsabrieb von Reifen und die Verbrennung von Diesel, in privaten Haushalten durch die Wohnungsheizung sowie im Baugewerbe und in der Industrie. Zusätzlich kann biologisches Material wie Pollen und Staub zu einer Feinstaubbelastung der Luft führen.

Bodennahes Ozon (O3) bildet sich aus Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden, die im Verkehr, der Industrie, durch Kraftwerke und private Haushalte emittiert werden.

Stickstoffdioxid (NO2) stammt aus dem Verkehr, der Industrie, von Kraftwerken sowie Wohnungsheizungen.

Schwefeldioxid (SO2) entsteht durch Wohnungsheizungen, Kraftwerke, die Industrie sowie durch Dieselmotoren im Straßenverkehr.

Beim Thema Luftqualität ist die EU-weite Betrachtung wichtig, weil Luft nicht lokal begrenzt ist. Schadstoffe verbleiben nicht unbedingt an ihrem Ursprungsort, sondern werden mit den Luftströmungen teils Hunderte Kilometer weit getragen. Schadstoffe, die in Hamburg entstehen, könnten also weit entfernte Menschen erreichen und ferne Ökosysteme schädigen. Und auch in der Hansestadt landen importierte Schadstoffe, die per Luft in die Gegend gelangen – etwa importierter Sekundärstaub und Schwefeldioxid.

Auch die Jahreszeit und das Wetter spielen bei der Luftqualität eine Rolle. Wetterlagen mit stärkeren Winden sorgen für einen Rückgang der Schadstoffbelastung. Geringe Windgeschwindigkeiten, vor allem bei klarem Himmel, haben zur Folge, dass sich Schadstoffe in Bodennähe anreichern können. Dann können selbst nachts, wenn normalerweise niedrige Emissionswerte vorliegen, hohe Schadstoffkonzentrationen erreicht werden, die sonst beim typischen Verkehrsaufkommen tagsüber zu erwarten wären. Sogenannte Kaltluftseen spielen eine Rolle dabei.

Die Jahreszeit mit der größten Luftbelastung ist der Frühling. Für die meisten Menschen klingt das überraschend, weil das Frühjahr als Zeit der Erneuerung empfunden wird, in der die Luft und das Grün besonders frisch wirken. Tatsächlich ist aber der Frühling die Zeit der höchsten landwirtschaftlichen Aktivität. Tiere, die den Winter über im Stall gestanden haben, dürfen wieder ins Freie. Gülle wird auf die Felder gebracht und auch Kunstdünger kommt im Ackerbau zum Einsatz. Bei diesen landwirtschaftlichen Prozessen entsteht Ammoniak (NH3). In der Atmosphäre reagiert Ammoniak mit anderen Stoffen, die durch Industrie, Verkehr und Wohnen in die Luft gebracht wurden, zu gesundheitswirksamen Partikeln. Sogenannter sekundärer Feinstaub bildet sich. Diese Feinstaubbelastung kann so stark werden, dass sofortige Gegenmaßnahmen getroffen werden müssen, etwa teilweise Fahrverbote.

Ammoniak bildet keine Ausnahme. Auch andere Schadstoffe reagieren erst in der Luft mit anderen Stoffen und bilden weitere problematische Verbindungen. Ozon ist ein weiteres Beispiel dafür.

Gefahren durch Schadstoffe in der Luft

„Es gibt keine allgemeingültige Definition dafür, was saubere Luft eigentlich ist.“ Dieser Satz stammt von Marcel Langner aus dem Umweltbundesamt (UBA). Das mag stimmen, die Weltgesundheitsorganisation WHO versucht sich dennoch daran und gibt regelmäßig Empfehlungen für Schadstoffgrenzwerte heraus, die im Interesse der Gesundheit nicht überschritten werden sollten. Diese Grenzwerte werden von Experten in Gesundheitsgremien erarbeitet und basieren auf wissenschaftlichen Studien. Bei einigen Schadstoffen gehen WHO und EU d’accord, beispielsweise beim Stickstoffdioxid (NO2). Bei anderen Stoffen, etwa bei Feinstaub, fallen die Empfehlungen der WHO deutlich strenger aus – zu Recht, finden viele Experten.

Schlechte Luftqualität hat volkswirtschaftliche Folgen, denn verunreinigte Luft senkt die Lebensqualität und die Lebenserwartung der Menschen, die sie einatmen. Außerdem wirkt sich die Schadstoffbelastung der Luft negativ auf die Umwelt aus. Beispielsweise versauern die Böden durch erhöhte Mengen an Schwefel- und Stickstoffverbindungen, was die Biodiversität bedroht und landwirtschaftliche Erträge senken kann. Auch Stoffe wie Ozon oder Schwermetalle haben ungünstige Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere, wenn sie in erhöhter Konzentration vorhanden sind.

Zu den Gesundheitsrisiken durch Luftschadstoffe bei Menschen zählen Reizungen der Augen und der Atemwege (Entzündungen, Bronchitis) sowie chronische Erkrankungen der Atemwege (Asthma, Lungenkrebs) und des Herz-Kreislauf-Systems. Vor allem chronische Erkrankungen erschweren und verkürzen das Leben. Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA sterben in der EU etwa 400.000 Menschen pro Jahr an den Folgen von Schadstoffen in der Luft vorzeitig.

Diese Auswirkungen lassen sich kaum finanziell beziffern. Forscher von der University of Washington (Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME)) und der Weltbank haben es dennoch gewagt. Ihren Berechnungen nach, gehen durch Luftverschmutzung fünf Billionen US-Dollar pro Jahr der Weltwirtschaft verloren, das entspricht rund 4,5 Billionen Euro.

Allgemeingut Luft: Wer ist zuständig für die Luft in Hamburg?

Die Reinhaltung der Luft ist eine wichtige Aufgabe, die in den Bereich der öffentlichen Hand fällt. In Hamburg ist eine Behörde zuständig, das Institut für Hygiene und Umwelt.

Um die Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger nicht durch hohe Schadstoffkonzentrationen zu beeinträchtigen, wird die Luftqualität der Stadt täglich überwacht. An insgesamt fünfzehn Messstationen des Hamburger Luftmessnetzes (HaLm) werden zehn Schadstoffe kontinuierlich erfasst. Die Standorte der Messstationen werden in der Regel so gewählt, dass eine repräsentative Messung gewährleistet werden kann. Die zehn in Hamburg gemessenen Schadstoffe sind:

  • Feinstaub (PM2,5 und PM10)
  • Ozon (O3)
  • Stickstoffoxide (NO und NO2)
  • Schwefeldioxid (SO2)
  • Kohlenmonoxid (CO)
  • Benzol / Toluol / Xylol (BTX)

Messwerte für fünf dieser Stoffe, Feinstaub (PM10, 24-h-Mittelwert gleitend), Ozon (O3, 1-h-Mittelwert), Stickstoffdioxid (NO2, 1-h-Mittelwert), Schwefeldioxid (SO2, 1-h-Mittelwert) sowie Kohlenmonoxid (CO, 8-h-Mittelwert gleitend), werden zur Bildung eines Luftqualitätsindexes (LQI) herangezogen. Der LQI gilt als repräsentative Darstellung der Luftqualität in der Hansestadt. Die aktuelle Schadstoffbelastung der Luft in Hamburg wird dabei in Schulnoten angegeben (1 entspricht „sehr gut“ und 6 entsprechend „sehr schlecht“). Einzelne Apps und Websites stellen die Messwerte mitunter nach dem Ampelprinzip dar (Grün für niedrige Belastung, Gelb für mittelmäßige Belastung und Rot für hohe Belastung).

Sind Luftqualitäts-Grenzwerte überschritten, müssen Schutzmaßnahmen eingeleitet werden. Die Maßnahmen werden im sogenannten Luftreinhalteplan festgelegt und haben zum Ziel, die Luftverunreinigungen dauerhaft zu reduzieren. Mögliche Maßnahmen können etwa der Ausbau von Fahrradwegen, des öffentlichen Nahverkehrs und der Elektromobilität sein. Auch temporäre Nutzungsverbote von bestimmten Straßenabschnitten für den Autoverkehr oder sogenannten Komfort-Öfen für die Bevölkerung sind möglich.

Dass Hamburg luftbewusst ist, seine Luft kontrolliert und Schutzmaßnahmen ergreift, wenn Grenzwerte überschritten wurden, ist nicht nur dem Hamburger Senat zu verdanken. Die Einhaltung bestimmter Standards bei der Luftqualität ist in der EU-Luftreinhalterichtlinie (2008/50/EG) verankert. Auf nationaler Ebene wurde die EU-Richtlinie in Form der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) im deutsches Recht umgesetzt.

Hamburger Hafen und sein Effekt auf die Luft der Stadt

Der Hamburger Hafen gehört zu den größten Häfen Europas, nach Antwerpen und Rotterdam ist er der drittgrößte europäische Seehafen. Täglich finden dort etwa neun Anlegemanöver großer Containerschiffe statt (rund 3.500 Containerschiffe jährlich kommen in Hamburg an). Zusätzlich gibt es rund 200 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen pro Jahr an den drei Cruise Terminals.

Schiffsverkehr und im Hafen liegende Schiffe haben einen großen Schadstoffausstoß (Feinstaub, Stickoxide und anderen Schadstoffe). Vor allem Kreuzfahrtschiffe müssen ihren Hotel- und Gastronomiebetrieb aufrechterhalten, wenn sie tagelang im Hafen stehen. Eine Lösung für dieses Problem wurde lange diskutiert, inzwischen nutzen einige Schiffe Flüssiggas (LPG) anstatt Treibstoff auf Basis von Schwer- oder Rohöl.

Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V kamen 2019 allerdings zum Schluss, dass in Hamburg „knapp ein Drittel der Stickoxidemissionen durch den Hafenbetrieb verursacht“ wird.

Im selben Jahr hat der Naturschutzbund (NABU) Hamburg ein eigenes Messnetz für die Luftqualität im Bereich der Norderelbe in Betrieb genommen. Der NABU hofft so die Lücken des städtischen Messnetzes (HaLm) am Hafenrand zu schließen. Über erste Ergebnisse berichtete die Presse. So sollen die NABU-Messstationen kurzzeitige aber extrem hohe Belastungen erfasst haben. Statt dem im Ein-Stunden-Mittelwert in der EU erlaubten Wert von 200 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter zeigten die Messgeräte Werte von 1.000 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter. In Bereichen, wo es keinen Verkehr gibt, können diese Schadstoffe nur von den Schiffen kommen, kommentierte der NABU die Messergebnisse.

Außerdem werden im Hamburger Hafen zahlreiche Stoffe verwendet, die noch gar nicht von regelmäßigen Messungen erfasst sind. Ein Beispiel dafür ist Sulfuryldifluorid (auch „SF“ genannt). SF ist ein Insektizid, dass zur Behandlung von Holz und Nüssen vor dem Transport verwendet wird, um sie auf der Reise vor Fressschäden durch Insekten zu schützen. Allerdings hat SF eine mehr als 4.000 mal so stark Wirkung aufs Klima wie Kohlendioxid (CO2).

Wie sauber ist die Hamburger Luft?

Wer luftbewusst lebt und einmal so richtig durchatmen möchte, geht am besten nachts vor die Tür oder ans offene Fenster. Denn saubere Luft in Hamburg gibt es am ehesten noch in der Nacht. Tagsüber steigen die Emissionen durch den Verkehr, besonders entlang der Hauptstraßen. Zu den Hauptverkehrszeiten ist verkehrsbedingt die Stickstoffdioxidkonzentration hoch.

Insgesamt lässt sich ein gemischtes Fazit ziehen: Der Trend ist positiv. Verglichen mit vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist die Schadstoffbelastung der Luft in Hamburg gesunken. Diese Entwicklung zeigt, dass die politischen Maßnahmen gegen Schadstoffemissionen greifen, allerdings noch bei Weitem nicht ausreichen. Denn immer wieder werden Grenzwerte überschritten. Hamburg wurde deshalb zum Beispiel im Jahr 2014 von der EU-Kommission gerügt. 2019 war die Stickoxidbelastung so hoch, dass teilweise Fahrverbote erlassen werden mussten, nachdem der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) vor dem Oberverwaltungsgericht geklagt hatte. Regelmäßig liegt der LQI tagsüber nur bei einem „befriedigend“ (Schulnote 3). Einzelne Messstationen weisen dabei bessere oder schlechtere Werte als die Schulnote 3 auf.

Zudem bezweifeln Kritiker, dass die Schadstoffbelastung in der Gegend um den Hafen ausreichend erfasst wird, da sich im Bereich der Nordelbe kaum städtische Messstationen befinden.

Wie die Luftqualität der Hansestadt ist, hängt von zahlreichen Faktoren und nicht zuletzt vom Verhalten der Bürgerinnen und Bürger und der in Hamburg beheimateten Unternehmen zusammen. Gesunde, saubere Luft kann es nur geben, wenn alle sich der gemeinsamen Verantwortung für saubere Luft bewusst werden.

Hamburgerinnen und Hamburger können mit ihrem Handeln einen Beitrag leisten. Der Umstieg vom Auto aufs Fahrrag oder den öffentlichen Nahverkehr, die regelmäßige Wartung der Heizungsanlage, eine fleischlose oder zumindest fleischarme Ernährung und die Bevorzugung emissionsarmer Produkte und Materialien (seine es Haarspray oder Elektrogeräte), helfen dabei, Schadstoffe wie Ammoniak, Feinstaub und Stickstoffoxide in der Luft zu reduzieren.

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